St. Marienkirche auf dem Stiftberg zu Herford

Restaurierung folgender Kunstgegenstände bei der großen Kirchenrenovierung im Jahre 2003:

  1. Spätgotischer Schnitzaltar, dat. um 1500
  2. Holzskulptur: Cruzifixus, dat. um 1350
  3. Holzskulptur: Triumphkreuz, dat um 1500
  4. Holzskulptur: „Weinende Madonna“, dat. um 1480
  5. Holzskulptur: „Madonna auf dem Mondsichel“, dat. um 1700
  6. Gemälde: „Isaacs Opferung“ vom Künstler: Max Brehmer, dat um 1890   

Geleistete Arbeitsstunden insgesamt: 2350
Dauer der Restaurierungsarbeiten: Jan. 2003 bis Nov. 2003

 

Restaurierungskonzept für die Restaurierung des Spätgotischen Schnitzaltars aus der Marienkirche Stift Berg in Herford, datiert um 1500.

In der Restaurierungswerkstatt ART-Restauro der Diplom-Restauratorin Ludmila Vopravilova/ Henseler wurde seit Januar 2003 bis Oktober 2003 der spätgotische gotische Allerheiligenaltar aus der Ev. Marienkirche Stiftberg in Herford restauriert.

Der geschnitzte Flügelaltar, um 1500, zeigt im vierteiligen Mittelstück 4 Reliefs mit der Heiligen Sippe, Die Anbetung der Könige , Die Heilige Ursula mit ihren Begleiterinnen, und Die Marter der zehntausend Märtyrer, sowie in den Seitenflügeln Heiligenfiguren auf einer flachen Plinte. Nach oben rahmt sie eine kielbogige, reichverzierte Schnitzwerkvorlage.

Vermutlich handelt es sich um eine norddeutsche Werkstatt.

Ein nahezu identischer Paralellaltar (Allerheiligenaltar) aus der gleichen Werkstatt befindet sich in Lübeck im Heiligen- Geist- Hospital.

Zustandbeschreibung des Altars vor der Restaurierung:

  • Der gesamte Altar und Altarschrein (Eiche) wurden früher insgesamt zweimal „repariert“; vor ungefähr 120 Jahren wurde das Objekt komplett übermalt und vor 60 Jahren freigelegt und museal renoviert.
  • In den beiden Flügeln fehlen 2 Figuren.
  • Auf mehreren Figuren fehlen geschnitzte Teile, wie z. B: Hände, Zacken in der Krone.
  • Durch natürliches Arbeiten des Holzes sind mehrere größere Längsrisse im Holz entstanden.
  • Die einzelnen Reliefs, Figuren und die Rückseite des Schrein sind zum Teil mit Pilzen befallen.
  • Die Oberfläche ist sehr stark verschmutzt.
  • Die originale spätgotische Fassung ist leider nur in Fragmenten vorhanden (ungefähr 40% sind verloren gegangen)
  • Durch die außerordentlich ungünstigen klimatischen Verhältnisse am Aufstellungsort eines Ostfensterssims war die gesamte originale Fassung, die zur Zeit erhalten ist, bis zu 90% – bis 95% in der Polychromiefläche gelockert.
  • Die Inkarnate, d. h.: Gesichter, Hände und Körper sind zum größten Teil mit einer Ölfarbe übermalt.

Diese Übermalungen verursachten eine starke Oberflächenspannung und noch dazu kommende Klimaschwankungen führten mit der Zeit zu erheblichen Farbfassungsschäden in Form von aufstehenden Farbschichten und Blasenbildung. An mehreren Stellen war die Polychromie bereits großflächig abgefallen.

Insgesamt ist durch den jetzigen Zustand die ästhetische Wirkung sehr beeinträchtigt. Die Farbigkeit der einzelnen Inkarnate entsprach nur zum Teil dem originalen Farbton.

Der Altar benötigte dringend vor allem eine gründliche Durchführung der Konservierungsarbeiten und anschließend einzelne Restaurierungsschritte:

Ziel der vorgeschlagenen Maßnahmen:

Konservatorische Notwendigkeiten:

  1. Konservierung loser Farbfassungen, d.h.: Niederlegung von Blasen.
  2. Konservierung der Farbfassung der Figuren und einzelnen Reliefs.
  3. Konservierung der Farbfassung der Altararchitektur.
  4. Oberflächenreinigung von Schmutz und Staub.
  5. Kleinere Schnitzarbeiten und Holzergänzungen.
  6. Kittung und Retusche von Fehlstellen.
  7. Konservierung des Altarschreines und der Altararchitektur:
  8. Behandlung der Rückseite.
  9. Festigung der lockeren Farbfassung.
  10. Reinigung des Holzes und der vorhandenen Polychromie.
  11. Stabilisieren der Holzmasse, Holzverbindungen und Scharnieren.
  12. Schließen der Risse.
  13. Anböschung der störenden Kanten, Kittung und Retusche.
  14. Eventueller indirekter Rückseitenschutz und untere Isolierschicht gegen negativ wirkende Klimaverhältnisse (auch wenn es sich „nur“ um eine Innenwand handelt)

Restauratorische Maßnahmen:

  1. Teilabnahme der zum Teil störenden sekundären Retuschen von den einzelnen Stellen an den Inkarnaten, d. h. Gesichtern und Händen und Körpern der Figuren. Man kann ein kombiniertes System vorschlagen: Chemische und mechanische Teilfreilegung des Originals. Diese mechanische Methode ist zwar zeitaufwendig, aber nur hierdurch kann eine präzise und kontrollierte Maßnahme durchgeführt werden.
  2. Vorbereitung der Fehlstellen mit einschließender Neukittung.
  3. Durchführung von Retuschen d.h. dem Originalfarbton angegleichen, eventuelle Rekonstruktion der Originalfassung an Inkarnaten.
  4. Retusche der Fehlstellen an den Originalfragmenten der vorhandenen Polychromie.
  5. Künstlerisches Angleichen der Farbintensität und Retusche der Fehlstellen des gesamten Schreines und den beiden Altarflügeln.
  6. Konservierender Firnisauftrag auf dem gesamten Kunstobjekt.

Ausführende Restauratorin:

Ludmila Vopravilova/ Henseler, Diplom-Restauratorin
Hauptstraße 47
32457 Porta Westfalica

Beteiligte Mitarbeiter:

Kunsthistorikerin M.A. Petra Brennenstuhl
Mareike Lintelmann, Praktikantin
Kunsthistoriker M.A. Oliver Glismann

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